Über spekulative Objekte und Gemeinschaften
Spekulieren bedeutet hypothetische Entwicklungspfade zu skizzieren und einen Horizont an Handlungsmöglichkeiten zu konstruieren, ohne die der Zukunft innewohnende Kontingenz zu leugnen. In einer durch fundamentale Ungleichheit gekennzeichneten Welt ist gesellschaftsrelevante Zukunftsspekulation – etwa in der Form spekulativer Handelsgeschäfte – jedoch eine exklusive Tätigkeit, die nur einer privilegierten Minderheit vorbehalten ist. Ist es möglich, Spekulation – entgegen ihrer aktuellen Rolle in der Reproduktion gesellschaftlicher Asymmetrien – zu einem kollektiven Navigationsinstrument in den Zeiten verschärfter Ungewissheit werden zu lassen? Die vierte Veranstaltung der Reihe Sicherheit wieder sprechen widmet sich der Zukunftsspekulation und ihrem Bezug zur geteilten (Un)Sicherheit.
Veranstaltung in Präsenz (mit Online-Zuschaltung von James Auger)
Vorträge auf Englisch
Jenseits von rechtskonservativen Sicherheitsdiskursen sowie von der defensiv-kritischen Ablehnung des Sicherheitsbegriffs in linken Debatten, erfordert die gegenwärtig erlebte Verunsicherung neue Interpretationen. Diese durch unstete Lebensbedingungen und düstere Zukunftsprognosen gerahmte Verunsicherung soll in den Kontext der geteilten Sorgsamkeit und transnationalen Solidarität eingebettet werden. Im Rahmen der Vortragsreihe Sicherheit wieder sprechen laden die Sparten Gesellschaftspolitik und Architektur kritische sowie emanzipatorische Positionen ein, um über Infrastrukturen der (Un-)Sicherheit zu diskutieren und Möglichkeiten einer neuen Sorgepolitik zu umreißen.
Kuratiert von Sara T. Huber und Ana Jeinić
Aris Komporozos-Athanasiou, James Auger
Aris Komporozos-Athanasiou ist außerordentlicher Professor der Soziologie am University College London, wo er die Forschungsgruppe Soziologie und Gesellschaftstheorie leitet. Er ist Redakteur des British Journal of Sociology sowie Autor von Speculative Communities: Living with Uncertainty in a Financialized World (University of Chicago Press, 2022). Sein aktuelles Buchprojekt Real Fake: An Intellectual History of Distortion dokumentiert die historische Rolle der Markttechnologien in der Gestaltung unseres kollektiven Verständnisses von Realität und Wahrheit. Seine Texte wurden in Los Angeles Review of Books, The Guardian, Public Seminar, Roar Magazine und anderen Publikationen veröffentlicht.
James Auger ist Leiter der Abteilung für Design an der École normale supérieure Paris-Saclay (ENS) und dem Centre de Recherche en Design (ENS und ENSCI Les Ateliers). Seine praxis- basierte Designforschung untersucht soziale, kulturelle und persönliche Auswirkungen der Entwicklung und Anwendung der Technologie. Ergänzend zu seinen universitären Tätigkeiten ist er Partner in der spekulativen Designpraxis Auger-Loizeau – einer im 2000 gegründeten Kooperation. Projekte von Auger-Loizeau wurden international veröffentlicht und ausgestellt, einschließlich in der MoMA, New York; 21_21, Tokyo; The Science Museum, London; The National Museum of China, Beijing and Ars Electronica, Linz.