Spaziergang 19.10.24, 16:00 Uhr Eintritt: Kostenlos

Weltwortreisende

Koloniale Verstrickungen in Graz

Halle für Streit / Hall of Beef Weltwortreisende

Der literarisch-politische Stadtspaziergang „Koloniale Verstrickungen in Graz" versucht drei Dimensionen von Kolonialität in Graz freizulegen. Die erste Perspektive, ist das sichtbar- und hörbar-Machen eines Schwarzen Blicks auf Graz.

Dabei bilden koloniale und rassistische Symbole, die nach wie vor im Stadtbild präsent sind, einen schmerzhaften Teil alltäglicher Konfrontation mit dem kolonialen Erbe. Eine weitere Kontinuität ist der „sanfte“ Kolonialismus, der Österreich von den Zeiten der Habsburgermonarchie bis in die Gegenwart in den Balkanregionen prägt.

Den dritten Schwerpunkt bildet die Frage nach gegenwärtigen neokolonialen und imperialen Verstrickungen. Inwiefern ist die Grazer Wirtschaft und Politik in extraktivistische Großprojekte und Kriegsschauplätze auf diesem Planeten involviert – und wieso bleibt das in öffentlichen Debatten weitgehend unthematisiert?

Der Spaziergang wird Orte in Graz aufsuchen, die uns etwas über diese drei verwobenen Dimensionen erzählen – anhand von konkreten Denkmälern, Straßennamen, Symbolen oder durch Lücken, Auslassungen und Verdrängungen.

Das Format wird in engem Kontakt mit Expert:innen, aktivistischen und kulturellen Communities erarbeitet und beinhaltet neben historisch-politischer Vermittlung auch künstlerische und literarische Beiträge.

Der Stadtspaziergang findet im Rahmen des Festivals „Weltwortreisende“ statt.
Mehr zum Festival HIER.

PROJEKTTEAM
Rivka Saltiel, Sara T. Huber, Markus Gönitzer, Adjani Kamucote, Heide Bruckner, Anela Dumonjić, Jennifer Brunner, Anna Verwey, Sarah Baumgartner, Derya Özkaya, Fabian Prettner und Fiston Mwanza Mujila.

Koloniale Verstrickungen in Graz

WELTWORTREISENDE

Koloniale Verstrickungen in Graz

Europa als Provinz | 4. Transnationale Grazer Literaturtage

Das diesjährige Festivalthema ist von einer Aufsatzsammlung des indischen Historikers Dipesch Chakrabarty inspiriert. Der Westen präsentiert sich lange Zeit als Zentrum der Welt, als Hochburg der Wissenschaft und Kultur, alleiniger Vertreter der Vernunft und liberaler Werte, als homogener Raum, während alle anderen Territorien im Außen bleiben und sich zu ihm verhalten müssen– Kolonien, Protektorate, Überseegebiete, Deutsch-Ostafrika, der Globale Süden, die Dritte Welt…

Die Eroberungen und Erkundungen (sowie die Kolonisierung und der Kulturraub), die industrielle Revolution, die Entwicklung der Technik und der Geisteswissenschaften wirkten an dem Aufbau einer hierarchischen, bipolaren, antagonistischen Welt mit, die nur ein Zentrum und ihre Peripherie kennt.

Diese Weltanschauung scheint heutzutage archaisch und wird zunehmend in Frage gestellt. Für den sogenannten Globalen Süden stellt der Westen längst nicht mehr das einzige politische, kulturelle und wirtschaftliche Leitbild dar. Die Dekolonisierung, sowie die bewaffneten Konflikte in Europa nach 1945, der Zusammenbruch der UdSSR, der Fall der Berliner Mauer, geopolitische Neukonfigurationen, die Entwicklung der Postcolonial Studies, Kunst und Literatur sowie Migrationsbewegungen ermöglichten die Erosion der traditionellen, eurozentrischen Perspektiven.

Heutzutage erleben wir das Aufkommen einer multipolaren Weltordnung und zugleich eine fortschreitende und unangetastete Akzeptanz der heterogenen Merkmale unserer Gesellschaft. Ausgehend von kollektiven und transnationalen Bewegungen gegen sexistische Gewalt und Gewalt gegen Schwarze, sowie von der ökologischen Krise und dem Ausbruch der Pandemie entsteht ein weltumfassendes Bewusstsein für die Probleme und Umbrüche unserer Zeit, die sich auch in der zeitgenössischen Literatur spiegeln.

Die Transnationalen Grazer Literaturtage, kurz Weltwortreisende, sind ein Treffpunkt der Sprachen und Kulturen, der Literatur und des Imaginären – ein heterogener Ort in ständiger Bewegung, an dem Grenzen zu Brücken werden, zu Oasen in der Wüste oder zu Kirschbäumen, die das ganze Jahr über Früchte tragen.

Kuratiert von Fiston Mwanza Mujila
Verantaltet von ISOP und Forum Stadtpark